Je intensiver man sich mit der Standortanalyse auseinandersetzt, desto mehr Fragezeichen kommen auf. Es gibt keine zwingende Voraussetzung, eine solche Analyse durchzuführen – doch wenn die Stadt eine solche vorlegt, dann erwartet man, dass sie Hand und Fuß hat und mindestens als fundierte Entscheidungsgrundlage herangezogen werden kann, die auch im Nachgang noch jeder Überprüfung belastbar standhält.
Mit Datum Januar 2022 wurde eine Standortanalyse veröffentlicht, die verschiedene Standort-Alternativen miteinander vergleichen soll. Es werden 8 Grundstücke als mögliche Alternativen kommuniziert – die Standorte A-H.
A, B und C sind direkt ohne Prüfung aus der Analyse entfallen, da sie nicht dem Anforderungsprofil des Main-Taunus-Kreises entsprechen – sie liegen nicht „südlich der Bahn“.
Standort D wird unter anderem wegen fehlendem ÖPNV und auch „wertvoller Böden“ kein Konkurrent zu Standort G. In der Gewichtung der Umweltkriterien scheint es noch einigermaßen realistisch bewertet – wie aber ein fehlender ÖPNV derart negativ ins Gewicht fallen kann, bleibt fraglich, war es doch zum Zeitpunkt der Analyse noch unbebautes Gebiet.
An den wenigsten Feldern in Deutschland gibt es eine direkte Busanbindung. Den ÖPNV erst nach Erschließung eines Gebietes anzubinden, erscheint einem Laien aber auf den ersten Blick unkritisch – zumal ja meist erst dann der Bedarf aufkommt.
Weiter wird dort aufgeführt, es gäbe – Zitat: „jedoch vergleichsweise weite Wege für die Mehrheit der zukünftigen Schulkinder“. Wenn man sich das Areal anschaut, so sind doch eher die Mehrheit der zukünftigen Schulkinder aufgrund der neuen Wohnbebauung und des Zuzugs von Familien eben genau dort zu erwarten. Insofern würde bei einer Erschließung des Standortes D sofort die negative Gewichtung von ÖPNV und der fußläufigen Erschließung hinfällig und er wäre bei fairer Betrachtung mit Standort G sehr ähnlich zu bewerten.
Irritierend hierbei ist aber allem voran, dass bereits seit 2010 mit der Firma Kleespies Gespräche geführt werden, um hier ein vollumfängliches Wohn- und Gewerbegebiet entstehen zu lassen. Die entsprechende Pressemitteilung aus März 2022 findet sich hier.
Standort E entfällt ebenfalls direkt, da zum Zeitpunkt der Analyse bereits ein Wohngebiet entstanden und auch bezogen ist. Die Fertigstellung war bereits Ende 2020/Anfang 2021. Warum man zwei Standorte in die Analyse einfließen lässt, die bereits verplant oder gar bebaut und bewohnt sind, bleibt einem unabhängigen Leser schleierhaft.
Standort H entfällt auch von Anfang an, da ein Teil des Grundstück schwer zu erwerben ist. Die Eigentümer seien nicht bereit zu verkaufen und ein Enteignungsverfahren käme schon ob der potentiellen Verfahrensdauer nicht in Frage.
Damit verbleiben Standorte F und G als einzige, die überhaupt faktisch miteinander verglichen werden könnten. Diese ähneln sich in Teilen, sind doch beide heute im oder am regionalen Grünzug gelegen. Sowohl für F als auch für G müsste der Regionale Flächennutzungsplan angepasst werden. Warum der Punkt „Einzugsgebiet / Soziale Durchmischung“ für F schlechter sein soll als für G, ist auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar – liegen die Standorte doch nur 250m Luftlinie auseinander.
Auch wirkt die neutrale Bewertung zur “Erschließung MIV“ irgendwie absurd und wohlwollend – wird doch neben der reinen Baufläche noch eine nicht unerhebliche Fläche zur Verkehrsanbindung benötigt!

Gerade vor dem Hintergrund, dass die Schulbezirke ja bereits angepasst und eingeteilt sind – wenn man sich diese Übersicht anschaut, kann man davon ausgehen, dass die Schulbezirke für beide Standorte identisch sein würden.

Folglich ist auch die fußläufige Erschließung als nahezu identisch anzunehmen. Hier ist es etwas irritierend, dass für den Standort F die Bewertung in diesem Punkt schlechter ausfällt – man könnte zumindest davon ausgehen, dass ein (großer) Teil des Schulweges zu Standort G dem Schulweg zu Standort F entspricht. Insbesondere für die Kinder, die aus den Neubaugebieten kommen. Doch plötzlich ist die „nicht durchgängig gegebene soziale Kontrolle und Einsehbarkeit der Wege“, die noch bei Standort F zu einer Abwertung führte, am Fußweg zu Standort G nicht mehr ganz so kritisch zu sehen.
Insgesamt sind aber die Umweltaspekte an Standort F derart schwer zu gewichten, dass es eigentlich absurd war, diesen Standort überhaupt in einen Vergleich zu schicken.
Wenn man sich alleinig die oben stehende Matrix betrachtet, scheint Standort G in der Tat als optimales Ergebnis aus der Analyse hervorzugehen.
Liest man aber die Standortanalyse im Detail und setzt die dort getätigten Aussagen ins Verhältnis, könnte der Gedanke aufkommen, dass bereits vor der Analyse feststand, dass es Standort G werden soll.
Ach so – stimmt – das Grundstück am Standort G wurde ja bereits 2019 als neuer Schulstandort gekauft!